Frau beim am Digitalen Arbeitsplatz

Digitaler Arbeitsplatz: mehr als Technologie

Mobilität, Flexibilität und eine vernetzte Zusammenarbeit spielen in der heutigen Arbeitswelt eine wesentliche Rolle. Unternehmen werden diesen Herausforderungen besser gerecht, wenn sie den digitalen Arbeitsplatz einführen. Der digitale Arbeitsplatz ist eine zentrale Arbeitsumgebung, auf die Mitarbeiter von jedem Ort und zu jeder Zeit zugreifen können. Sie umfasst alle Zugriffsinfrastrukturen, Applikationen und Geräteplattformen von Informations- oder Wissensarbeitern, die Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und Ausübung von Zusammenarbeit benötigen. Alle Daten befinden sich an einer Stelle und sind schnell und einfach zugänglich. Mitarbeiter sind am digitalen Arbeitsplatz selbstbestimmter, freier und damit effizienter. Soweit die Unternehmenssicht. Arbeitnehmer sehen das unter Umständen anders. Welche Konsequenzen folgen daraus? 

Eine zentrale Arbeitsumgebung, die Zusammenarbeit und das Teamwork beflügelt, Wissen und Know-how intelligent verknüpft und integriert Daten und Informationen in smarter Art und Weise bereitstellt. Was in den Ohren von Unternehmern und Prozessoptimierern wie Musik klingt, würde so mancher Arbeitnehmer ganz anders formulieren:  „Ich muss jederzeit verfügbar sein“ – „Ich habe weniger Freizeit“ – „Früher oder später werde ich wegrationalisiert“. Um es klar zu sagen: Die Skepsis gegenüber dem Digital Workplace ist ausgeprägt in der Erwerbsbevölkerung. Das deutsche Meinungsforschungsportal Civey fragte im Mai 2019 nach den Erwartungen von Arbeitnehmern mit Blick auf die Entwicklung der Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung. 44,2 Prozent der Befragten meinen, sie würde deutlich oder eher steigen. Genauso viele Teilnehmer meinten, dass der Mensch bei der Entwicklung digitaler Technologien nicht im Mittelpunkt stünde; lediglich 20,7 Prozent glaubten das. Immerhin erkannten viele die Vorteile eines digitalen Arbeitsplatzes. Insgesamt aber steigt bei allen Befürchtungen die Akzeptanz für die Digitalisierung im Berufsleben. 60 Prozent betrachteten den digitalen Wandel in einer Online-Befragung der Marktforscher von EARSandEYES im Mai 2019 als Gewinn.

Digitaler Arbeitsplatz: 24/7-Kollaboration, ein Plus an Produktivität

Sowohl Bedenken gegenüber dem Digital Workplace als auch die Hoffnung auf Verbesserung der Arbeitsprozesse haben ihre Berechtigung. Erstere gründen sich auf die Erkenntnis, dass der Digital Workplace massiv in die Arbeitsprozesse jedes Mitarbeiters eingreift. Ein digitaler Arbeitsplatz fordert schnelle Reaktionen, bereitwilliges Teilen von Wissen und bedeutet auch, dass in einem Team beispielsweise jeder sehen kann, ob jemand gerade online verfügbar ist. Die gegenseitige Kontrolle und Transparenz kann auch Silodenken, Herrschaftswissen und Intrigen verringern. Darüber hinaus macht der Digital Workplace klassische Abteilungs- und Hierarchiestrukturen obsolet, denn die Anwendungen liegen alle auf einer Plattform, Insellösungen können aufgelöst werden, die Datenhaltung wird konsistenter, Kollaborationsfunktionen stützen abteilungsübergreifende Projektstrukturen und befördern die schnelle Reaktion auf veränderte Markt- und Kundenanforderungen. Alte Macht- und Zuständigkeitsverhältnisse gehören der Vergangenheit an.

Mit dem mobilen Zugang zu Geschäftsanwendungen gehen zeit- und ortsabhängige Arbeitszeitmodelle verloren. Damit sind Mitarbeiter vor allem in dezentral über den Globus verteilten und virtuellen Teams rund um die Uhr erreichbar. Auch wenn das die Kollaboration mit Kollegen, Kunden, Lieferanten und Partnern erleichtert und die Produktivität steigert, kann der Echtzeitfluss von Kommunikation zur Belastung werden. Vor allem engagierte Mitarbeiter laufen Gefahr, dass ihre Work-Life-Balance aus den Fugen gerät, wenn sie ständig erreichbar sind und auch ständig innerlich unter Strom stehen.

Digitaler Arbeitsplatz braucht Kulturwandel in den Köpfen

Neben den Burnout-Gefährdeten sollten Unternehmen auch die Mitarbeiter abholen, die den neuen Techniken skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Denn damit der Digital Workplace auch tatsächlich agiles Arbeiten unterstützt, zu einer verbesserten Zusammenarbeit über bisherige Silostrukturen führt und die Produktivität steigert, müssen auch die Nutzer ihre Arbeitsprozesse und ihr Selbstmanagement anpassen. Denn die Einführung von Technik an sich ist noch keine Digitalisierung und per Arbeitsanweisung ändert auch kein Mitarbeiter seine Arbeitsweise, wird offener und zugänglicher für kollaboratives Teilen seines Wissens. Auch Hilfsbereitschaft, Engagement für neue Herausforderungen anderer Abteilungen lassen sich nicht anordnen. Deshalb sollten Unternehmen mit der Einführung von digitalen Arbeitsplätzen auch einen digitalen Kulturwandel einleiten. Dabei können „Spielregeln“ helfen, die die Akzeptanz für die Technik und die neuen Arbeitsprozesse fördern und gleichzeitig eine völlige Entgrenzung von Arbeit und Privatleben verhindern. 24/7 muss ein Unternehmen präsent sein, aber nicht die Mitarbeiter. E-Mails in der Nacht oder am Wochenende sollten in einer digitalen Kultur tabu sein. Downtime, also die Nichterreichbarkeit, sollte nicht verpönt, sondern gefördert werden. Die Mitarbeiter müssen in einer solchen Kultur auch ihre eigenen digitalen Kompetenzen weiterentwickeln. Hilfreich ist es, wenn die HR-Abteilungen beispielsweise ein systematisches Kompetenzmanagement für Mitarbeiter anbieten. Daraus folgt dann, Mitarbeiter dabei zu unterstützen, dass sie ihre Lernfähigkeit ausbauen, um ihre Kompetenzen durch Weiterbildung entlang der inhaltlichen und technischen Anforderungen zu erweitern. Denn nur so entsteht auch ein neues Mindset, mit dem digitale Prozesse erfolgreich gelebt werden, ohne die Mitarbeiter von einer Überforderung in die nächste zu schicken.

Digitaler Arbeitsplatz: Mensch im Mittelpunkt

Zu einer forcierten Digitalisierung aller Arbeitsbereiche besteht keine Alternative. Aber der Umgang mit Technik und Menschen wird vermutlich darüber entscheiden, wie erfolgreich Unternehmen im global-digitalen Wettbewerb bestehen werden. Dafür braucht es neben der Technik auch das Commitment der Mitarbeiter.

Technologie, Prozesse und Arbeitsweisen betrachten:

  • Der digitale Arbeitsplatz ist mehr als die Einführung einer innovativen Technologie, er muss die Bedürfnisse und Anforderungen aller Mitarbeiter berücksichtigen. Idealerweise stellt der digitale Arbeitsplatz den Mitarbeiter ins Zentrum und betrachtet seine Arbeitsweise und Prozesse, der digitale Arbeitsplatz wird zum Human Centered Workplace. Täglich wiederkehrende Abläufe und komplexe Aufgaben sollten so automatisiert werden, dass sie für den Anwender wirklich einfacher werden. Die Abteilungen HR und IT arbeiten in der Entwicklung und Einführung des digitalen Arbeitsplatzes  idealerweise Hand in Hand.

Mitarbeiterentwicklung:

  • Ohne kompetente Mitarbeiter werden Veränderungen kaum möglich sein. Sie müssen in Anwendungen geschult werden, Zusammenhänge erkennen und Awareness für die Vorteile der neuen Arbeitsweise entwickeln können. Wichtig: Hier sollten auch die Mitarbeiter der IT mit einbezogen werden.  Aktives Kompetenzmanagement gründet unter anderem auf einer systematischen GAP-Analyse der Mitarbeiter und kompensiert gezielte mögliche Schwächen in der Anwendungen von Tools und der Nutzung neuer Strukturen.

Mitarbeiterzufriedenheit fördern:

  • Freiheiten wie flexibles, selbstbestimmtes sowie örtlich selbstbestimmtes Arbeiten wie Homeoffice und BYOD (Bring Your Own Device) fördern die Akzeptanz des digitale Arbeitsplatzes, das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeiter können steigen. Eine höhere Produktivität und bessere Performance sollte das Unternehmen allerdings nicht mit erhöhtem Druck auf die Mitarbeiter kannibalisieren.

Workplace Support:

  • Informationsüberflutung muss nicht sein. Technologie erlaubt uns heute, Mitarbeitern die Informationen, die sie zur Erfüllung ihrer Arbeit benötigen, in der richtigen Form und zur richtigen Zeit zur Verfügung stellen. Hier muss jedes Unternehmen für sich den eigenen Weg finden.

KompetenzmanagementTÜVRheinlandAkademie

Markus Dohm